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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 21.09.2006
Aktenzeichen: 3 U 214/05
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 3 Satz 1
UWG § 3
UWG § 8
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 5
1. Der Begriff der "dauerhaften Kontrollierbarkeit" wird von den angesprochenen Fachkreisen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in dem Sinne verstanden, dass bei einem zur Behandlung der Psoriasis (Schuppenflechte) zugelassenen Arzneimittel zwar nicht von einer unbegrenzten, aber von einer - gegenüber den bisherigen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten - erheblich längeren Anwendungsdauer von deutlich mehr als einem Jahr auszugehen ist, und dass diese Behandlung - bei Respondern - zu einer Beherrschung der Psoriasis-Symptome, d.h. zu einer Verbesserung der Krankheitssymptome um mindestens 50% führt.

2. Der Begriff der "Dauertherapie" wird von den angesprochenen Fachkreisen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in dem Sinne verstanden, dass ein zur Behandlung der Psoriasis (Schuppenflechte) zugelassenen Arzneimittel zwar nicht unbegrenzt, aber - gegenüber den bisherigen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten - erheblich länger, nämlich deutlich länger als ein Jahr angewendet werden kann.

3. Zu den methodischen Anforderungen an medizinische Studien, mit deren Ergebnissen werbliche Aussagen für Arzneimittel wissenschaftlich abgesichert werden sollen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 214/05

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 21. September 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Terschlüssen nach der am 17. August 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 31. August 2005, Az. 315 O 411/05, abgeändert:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 24. Juni 2006, Az. 315 O 411/05, wird wie folgt erneut erlassen:

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) verboten, im Wettbewerb für das Fertigarzneimittel R. (r) (Wirkstoff: Efalizumab)

1. eine dauerhafte Kontrollierbarkeit der Psoriasis wie folgt auszuloben:

a. "R. (r) macht Psoriasis dauerhaft kontrollierbar",

und/oder

b. "Das Sicherheitsprofil und die Wirksamkeit von R. (r) erlauben die dauerhafte Kontrolle der Psoriasis", jeweils wie in Anlage A geschehen,

und/oder

c. "Psoriasis dauerhaft kontrollieren" wie in den mit diesem Urteil verbundenen Anlagen B und C geschehen,

und/oder

2. eine Dauertherapie wie folgt auszuloben:

a. "Jetzt ist es da! R. (r) - das erste Biologic zur Dauertherapie der Plaque-Psoriasis",

und/oder

b. "R. (r) ist die (...) Dauertherapie bei Plaque-Psoriasis",

und/oder

c. "R. (r) ist zur Dauertherapie empfohlen", jeweils wie in der mit diesem Urteil verbundenen Anlage C geschehen, auch wenn die Werbung gemäß Ziffer 1. und Ziffer 2. jeweils nur in Bezug auf Personen, die auf die Behandlung mit R. (r) angesprochen haben (Responder), erfolgt.

Von den Kosten des Rechtstreits fallen der Antragstellerin 1/4, der Antragsgegnerin 3/4 zur Last.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt der verschreibungspflichtigen Arzneimittel zur Behandlung von Psoriasis (Schuppenflechte).

Die Psoriasis ist eine Hautkrankheit, die bisher nicht heilbar ist. Die verfügbaren Behandlungsmethoden können lediglich ihre Symptome nachhaltig lindern oder zeitweise fast verschwinden lassen. Die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Behandlung der Psoriasis wird primär daran gemessen, ob die Maßnahme zu einer mindestens 75 %-igen Verbesserung des sog. PASI (Psoriasis-Area-Severity-Index) führt (sog. PASI-75-Ansprechrate). Daneben wird auch eine sog. PGA-Einstufung während des Verlaufes einer Therapie vorgenommen, wobei "PGA" für "Physicians' Global Assessment of Psoriasis" steht. Ein sog. guter PGA liegt vor, wenn im Verlaufe einer Therapie eine 50-74 %ige Verbesserung des Erkrankungszustandes feststellbar ist; liegt diese bei mindestens 75 %, wird von einem sehr guten oder verbesserten PGA gesprochen.

Die Antragstellerin vertreibt das Präparat "E. (r) 25 mg" (nachfolgend: E. (r); Wirkstoff: Etanercept; vgl. Anlagen EV 1 und AG 4;), die Antragsgegnerin das Präparat "R. (r) 100mg/ml" (nachfolgend: R. (r); Wirkstoff Efazilumab; vgl. Anlagen EV 2 und AG 1).

In der Fachinformation für das Arzneimittel R. (r) heißt es unter der Rubrik "Dosierung, Art und Dauer der Anwendung" (Ziffer 4.2.) u.a. wie folgt:

"Die Behandlungsdauer beträgt 12 Wochen. Die Behandlung sollte nur bei den Patienten fortgeführt werden, die auf die Behandlung angesprochen haben (gute oder verbesserte PGA-Einstufung)" (Anlage EV 2).

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit verschiedener werblicher Angaben der Antragsgegegnerin in drei verschiedenen Werbemaßnahmen, nämlich den Werbefolder "Innovation in der Psoriasis-Therapie" (Anlage EV 3 zu Anlage EV 3), den Werbefolder "Spritzen mit R. (r) leicht gemacht" (Anlage EV 4 zur Anlage EV 3) und die Memokarte "Jetzt ist es da! R. (r) - das erste Biologic zur Dauertherapie der Plaque-Psoriasis" (Anlage EV 5 zu Anlage EV 3).

Mit Verfügungsantrag vom 4. Januar 2005 (Anlage EV 3) erwirkte die Antragstellerin in einem Parallelverfahren die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 5. Januar 2005, Az. 315 O 6/05, mit welcher der Antragsgegnerin bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde, im Wettbewerb für das Fertigarzneimittel R. (r) (Wirkstoff: Efalizumab)

1. eine dauerhafte Kontrollierbarkeit der Psoriasis auszuloben, insbesondere wie folgt:

a) "R. (r) macht Psoriasis dauerhaft kontrollierbar",

und/oder

b) "Das Sicherheitsprofil und die Wirksamkeit von R. (r) erlauben die dauerhafte Kontrolle der Psoriasis",

jeweils wie in Anlage A geschehen,

und/oder

c) "Psoriasis dauerhaft kontrollieren" wie in Anlagen B und C geschehen,

und/oder

2. eine starke und/oder hohe Wirksamkeit auszuloben, insbesondere wie folgt:

a) "R. (r) - wirkt stark" wie in Anlage A geschehen,

und/oder

b) "R. (r) - überzeugt durch hohe Wirksamkeit (...)", wie in Anlagen A und C geschehen,

und/oder

3. eine Dauertherapie auszuloben, insbesondere wie folgt:

a) "Jetzt ist es da! R. (r) - das erste Biologic zur Dauertherapie der Plaque-Psoriasis",

und/oder

b) "R. (r) ist die (...) Dauertherapie bei Plaque-Psoriasis",

und/oder

c) "R. (r) ist zur Dauertherapie empfohlen", jeweils wie in Anlage C geschehen (vgl. Anlage EV 4).

Nachfolgend gab die Antragsgegnerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 28. April 2005 eine diesbezügliche Abschlusserklärung ab, führte jedoch weiter aus:

"Die S. GmbH versteht den Titel dabei so, dass er Werbung mit den Aussagen 'dauerhafte Kontrollierbarkeit' und 'Dauertherapie' nur dann untersagt, wenn aus der Werbung nicht hervorgeht, dass diese Aussagen sich nur auf Responder beziehen." (Anlage EV 5)

Responder in diesem Sinne sind Personen, die auf eine Behandlung mit R. (r) mindestens mit einer 50%-igen Verbesserung des Erkrankungszustandes angesprochen haben.

Diese Erklärung ging der Antragstellerin nicht weit genug, worauf sie die Antragsgegnerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 23. Mai 2005 hinwies (vgl. Anlage EV 6). Die Antragsgegnerin blieb jedoch bei ihrer Haltung (Anlage EV 7). Nachfolgend erwirkte die Antragstellerin die vorliegende einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 24. Juni 2005, Az. 315 O 411/05, mit welcher der Antragsgegnerin bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde, im Wettbewerb für das Fertigarzneimittel R. (r) (Wirkstoff: Efalizumab)

1. eine dauerhafte Kontrollierbarkeit der Psoriasis auszuloben, insbesondere wie folgt:

a. "R. (r) macht Psoriasis dauerhaft kontrollierbar",

und/oder

b. "Das Sicherheitsprofil und die Wirksamkeit von R. (r) erlauben die dauerhafte Kontrolle der Psoriasis",

jeweils wie in Anlage A geschehen,

und/oder

c. "Psoriasis dauerhaft kontrollieren" wie in Anlagen B und C geschehen,

und/oder

2. eine Dauertherapie auszuloben, insbesondere wie folgt:

a. "Jetzt ist es da! R. (r) - das erste Biologic zur Dauertherapie der Plaque-Psoriasis",

und/oder

b. "R. (r) ist die (...) Dauertherapie bei Plaque-Psoriasis",

und/oder

c. "R. (r) ist zur Dauertherapie empfohlen", jeweils wie in Anlage C geschehen, auch wenn die Werbung gemäß Ziffer 1. und Ziffer 2. jeweils nur in Bezug auf Personen, die auf die Behandlung mit R. (r) angesprochen haben (Responder), erfolgt.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht diese einstweilige Verfügung mit Urteil vom 31. August 2005 aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin frist- und formgerecht Berufung eingelegt und diese auch frist- und formgerecht begründet.

Mit der Berufung wendet sich die Antragstellerin gegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach die streitgegenständlichen werblichen Angaben übertrieben sowie wissenschaftlich nicht belegt, und damit irreführend und unlauter gemäß §§ 3 S. 1 HWG, 3, 4 Nr. 11, 5 UWG seien.

Die Antragstellerin meint, dass eine Behandlung mit R. (r) eine dauerhafte Kontrollierbarkeit der Psoriasis nicht gewährleisten könne. Eine PASI-75-Reduktion werde lediglich bei ca. 20 % der Patienten erreicht. Diesbezüglich verweist die Antragstellerin auf Studien von Gordon et al. (Anlage AG 10 sowie Anlagen EV 8 der Anlage EV 3) und von Lebwohl et al. (Anlage EV 9 der Anlage EV 3) und macht auch ihren weiteren Vortrag in dem vorangegangenen Verfügungsverfahren, Az. 315 O 6/05, zum Gegenstand ihres Vortrages im hiesigem Verfahren. Auch die Fachinformation für R. (r) stütze diese Werbeaussage der Antragsgegnerin nicht. Die Studie von Gottlieb et al. (Anlage EV 10 zur Anlage EV 3) könne aufgrund ihrer methodischen Schwächen nicht zur wissenschaftlichen Stützung der angegriffenen Werbeaussagen herangezogen werden.

Gleiches gelte für die angegriffene Auslobung der Möglichkeit einer Dauertherapie mit dem Arzneimittel R. (r). Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht bei einer isolierten Betrachtung der Gruppe der sogenannten Responder.

Die Antragstellerin beantragt, I. das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 31.08.2006 - Az. 315 O 411/05 - aufzuheben,

II. der Antragsgegnerin/Berufungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer an ihren Geschäftsführern zu vollstreckenden Ordnungshaft, oder einer an ihren Geschäftsführern zu vollstreckenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft höchstens 2 Jahre) zu verbieten, im Wettbewerb für das Fertigarzneimittel R. (r) (Wirkstoff: Efalizumab)

1. eine dauerhafte Kontrollierbarkeit der Psoriasis wie folgt auszuloben:

a. "R. (r) macht Psoriasis dauerhaft kontrollierbar",

und/oder

b. "Das Sicherheitsprofil und die Wirksamkeit von R. (r) erlauben die dauerhafte Kontrolle der Psoriasis",

jeweils wie in Anlage A geschehen,

und/oder

c. "Psoriasis dauerhaft kontrollieren" wie in Anlagen B und C geschehen,

und/oder

2. eine Dauertherapie wie folgt auszuloben:

a. "Jetzt ist es da! R. (r) - das erste Biologic zur Dauertherapie der Plaque-Psoriasis",

und/oder

b. "R. (r) ist die (...) Dauertherapie bei Plaque-Psoriasis",

und/oder

c. "R. (r) ist zur Dauertherapie empfohlen", jeweils wie in Anlage C geschehen, auch wenn die Werbung gemäß Ziffer 1. und/oder Ziffer 2. jeweils nur in Bezug auf Personen, die auf die Behandlung mit R. (r) angesprochen haben (Responder), erfolgt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Berufung der Antragstellerin/Berufungsklägerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt der Berufung der Antragstellerin unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages entgegen.

Sie meint, das Arzneimittel R. (r) sei bei sog. Respondern für eine zeitlich unbegrenzte Anwendung, und damit für eine Dauertherapie zugelassen. Aufgrund der Erfahrungen der durch die angegriffenen Werbeaussagen angesprochenen Fachkreise, vornehmlich Ärzten, mit anderen Mitteln zur Behandlung von Psoriasis-Erkrankungen (Ciclosporin, Methotrexat, Fumarsäureester, PUVA) werde der Begriff "Dauertherapie" von diesen nicht notwendigerweise im Sinne einer unbegrenzten, sondern lediglich im Sinne einer langen Dauer verstanden (Anlage AG 3). Ebenfalls aufgrund der Erfahrungen der angesprochenen Fachkreise suggeriere der Begriff "Dauertherapie" in Bezug auf R. (r) auch nicht die Heilbarkeit der Psoriasis mit Hilfe dieses Arzneimittels. Dies gelte auch für die Aussage "dauerhafte Kontrollierbarkeit bei Respondern". Aufgrund der Studie von Gottlieb et al. seien die angegriffenen Aussagen auch hinreichend wissenschaftlich belegt.

Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, den Inhalt der beigezogenen Akte des Landgerichts Hamburg (Az. 315 O 6/05), sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 17. August 2006 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Antragstellerin ist zulässig und -im Umfang der in der Berufungsinstanz weiter verfolgten Unterlassungsanträge- auch begründet.

1.

Die auf Responder bezogene Bewerbung des Arzneimittels R. (r) (Wirkstoff: Efalizumab) mit der dauerhaften Kontrollierbarkeit der Psoriasis (Unterlassungsanträge zu 1 a. bis c.) verstößt gegen §§ 3 S. 1 HWG, 4 Nr. 11, 5, 3 UWG.

Zwar hat die Antragsgegnerin die streitgegenständlichen Äußerungen bisher nicht im Hinblick auf Responder verwendet. Sie hat sich dies jedoch mit Schreiben vom 28. April 2005 (Anlage EV 5) ausdrücklich vorbehalten, so dass insoweit Erstbegehungsgefahr besteht.

a.

Gegenstand der Unterlassungsanträge zu 1. a. bis 1. c. ist die Bewerbung des Arzneimittels R. (r) mit der Angabe, dass dieses in der Lage sei, die Plaque-Psoriasis bei Respondern, d. h. Patienten die auf eine Behandlung mit R. mindestens mit einer 50%-igen Verbesserung des Erkrankungszustandes angesprochen haben, dauerhaft zu kontrollieren.

In der Berufungsinstanz hat die Antragstellerin ihre Unterlassungsanträge ausdrücklich auf die in den vorliegenden Werbemaßnahmen (Verbindungsanlagen A, B und C) konkret verwendeten Angaben "R. (r) macht Psoriasis dauerhaft kontrollierbar" und "Das Sicherheitsprofil und die Wirksamkeit von R. (r) erlauben die dauerhafte Kontrolle der Psoriasis", jeweils wie in Anlage A geschehen, sowie "Psoriasis dauerhaft kontrollieren" wie in Anlagen B und C geschehen, beschränkt.

Streitgegenstand ist lediglich, ob im Hinblick auf diese werblichen Angaben eine Irreführung der angesprochenen Fachkreise erfolgt, nicht jedoch, ob eine Werbung außerhalb der zugelassenen Indikation vorliegt. Dies hat die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung ausdrücklich klar gestellt.

b.

Maßgeblich ist, wie die angesprochenen Fachkreise die streitgegenständlichen Angaben zu einer dauerhaften Kontrollierbarkeit der Plaque-Psoriasis verstehen.

aa.

Für die Beantwortung der Frage, ob Werbung als irreführend anzusehen ist, ist auf das Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsadressaten der Werbung abzustellen (BGH GRUR 2003, 247, 248 - Thermal Bad; BGH NJW 2004, 439 - Mindestverzinsung; BGH WRP 2005, 480, 483 - Epson Tinte). Die Verkehrsanschauung orientiert sich am Wortsinn der Werbeaussage, d. h. am allgemeinen Sprachgebrauch und am allgemeinen Sprachverständnis (BGH GRUR 2003, 247, 248 - Thermal Bad; Baumbach/Hefermehl-Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 5 Rn. 2.65).

Die Werbung wendet sich ersichtlich nur an Ärzte, welche mit der Behandlung der Erkrankung Plaque-Psoriasis vertraut sind, d.h. an Hautärzte. Dies ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass es in der Werbemaßnahme ausdrücklich heißt "R. (r) wurde speziell für die Dermatologie entwickelt" (Anlage A). Zum anderen ergibt sich dies auch daraus, dass R. (r) nur zur Behandlung von solchen Plaque-Psoriasis-Patienten zugelassen ist, bei denen andere systemische Therapien einschließlich Ciclosporin, Methotrexat und PUVA nicht angesprochen haben, kontraindiziert sind oder nicht vertragen wurden (Anlage AG 1). Die vorgenannten Therapien werden regelmäßig von Fach-, d.h. Hautärzten durchgeführt. Zudem heißt es in der Fachinformation , dass die Behandlung mit R. (r) durch einen Facharzt für Dermatologie initiiert werden sollte (Anlage AG 1, Ziffer 4.2.). Für das Verständnis der beanstandeten Anzeigen ist mithin auf den Erkenntnishorizont eines durchschnittlich informierten und durchschnittlich verständigen niedergelassenen Dermatologen abzustellen, der die Werbeangaben mit dem Maß an Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt, mit dem er solcher Werbung üblicherweise begegnet.

Der Senat kann auf Grund eigener Sachkunde über das Verkehrsverständnis der in Rede stehenden Werbung entscheiden, obwohl die Mitglieder des Senates nicht zu den angesprochenen Fachkreisen gehören, denn die Parteien haben zum Kenntnisstand der angesprochenen Dermatologen substantiiert und insoweit unstreitig vorgetragen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass ein Hautarzt, an den sich die streitgegenständliche Werbung wendet, die deutsche Sprache hinsichtlich der streitgegenständlichen werblichen Angaben anders verstehen könnte -und damit über ein anderes allgemeines Sprachverständnis verfügen würde- als jemand, der ebenfalls ein wissenschaftliches Studium absolviert hat.

Der mit der Werbung angesprochene Dermatologe ist mit dem Krankheitsbild der Plaque-Psoriasis vertraut. Er weiß, dass die Krankheit nicht heilbar ist. Er weiß weiter, dass die bisher gängigen Behandlungsmethoden sämtlich große Nebenwirkungen aufweisen. Das Arzneimittel Ciclosporin (z.B. S. (r)) führt zu Nierenschädigungen. Nach einer bestimmten Anwendungsdauer (Wochen, Monate, seltener Jahre) kommt es zu Nierenwerterhöhungen, die Ausdruck von Nierenschädigungen sind, und außerdem zum Bluthochdruck. Ciclosporin muss daher nach den genannten Zeiträumen regelmäßig abgesetzt werden. Das Arzneimittel Methotrexat kann nach einer Summendosis von 1,5 bis 2 g die Leber schädigen. Angesichts einer Dosierung von bis zu 30 mg pro Woche ist ein Behandlungsende regelmäßig nach ca. 60 Wochen, d.h. nach gut einem Jahr angezeigt. Fumarsäureester (z. B. F. (r)) führt bei einem Teil der Patienten zu erheblichen Magen/Darmproblemen (Anlage AG 3).

Diese zeitliche Beschränkung der Anwendungsdauer der einschlägigen Medikamente schlägt sich auch in den entsprechenden Arzneimittelzulassungen sowie Fachinformationen nieder, welche den angesprochenen Fachärzten bekannt sind. So ist für das Arzneimittel E. (r) (Wirkstoff: Etanercept) eine maximale Behandlungsdauer von 24 Wochen vorgesehen (Anlagen EV 1 und AG 5), die Anwendungsdauer für das Medikament S. (r) (Wirkstoff: Ciclosporin) beträgt üblicherweise 12 Wochen. In der Fachinformation wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Erfahrungen, insbesondere anhand von Dosisfindungsstudien an ca. 100 Patienten, lediglich für eine maximale Behandlungsdauer von einem Jahr vorliegen. Weiter heißt es, dass über eine längere Anwendung bisher noch keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen (Anlage EV 21). In der Fachinformation für das Arzneimittel F. (r) (Wirkstoff: Dimethylfumarat und Ethylhydrogenfumarat) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ausreichende klinische Prüfungen nur für eine Behandlungszeit bis von 4 Monaten erfolgt seien, und dass darüber hinaus nur Erfahrungen aus Anwendungsbeobachtungsstudien für Behandlungszeiträume von bis zu 36 Monaten vorliegen (Anlage EV 22). Die sogenannte PUVA (UV-Licht-Therapie) kann nur wenige Jahre angewandt werden, weil Lichtschäden der Haut bis zum Karzinom die Folge sein können (Anlage AG 3).

Den Dermatologen ist weiter bekannt, dass angesichts der begrenzten Behandlungsdauer der vorgenannten Behandlungsmethoden bisher gängige Praxis der Psoriasis-Behandlung eine sog. Rotationstherapie ist. Das heißt, dass der behandelnde Arzt nach einigen Monaten von einer Behandlungsmethode zur nächsten wechselt, um so die toxischen Nebenwirkungen möglichst lange zu vermeiden (Anlage AG 3).

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Fachkreise, den Begriff der "Kontrollierbarkeit" lediglich im Sinne einer Beherrschung der Symptome der Plaque-Psoriasis, nicht jedoch im Sinne einer endgültigen Heilung der Erkrankung verstehen. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Sinn des Wortes "kontrollierbar", "Kontrolle" bzw. "kontrollieren" sowie aus dem Wissen und der Erfahrung der angesprochenen Fachkreise, welchen bekannt ist, dass die Psoriasis-Erkrankung nicht heilbar ist. Zudem wäre bei einer Heilung der Erkrankung eine Behandlung von unbegrenzter Dauer gerade nicht nötig. Sie würde vielmehr mit der Heilung ihr Ende finden. Weiter ist davon auszugehen, dass von einer Kontrolle, d.h. Beherrschung der Psoriasis-Symptome gesprochen wird, wenn eine Verbesserung von mindestens 50% erreicht wird. Das ergibt sich daraus, dass sich die Angabe ohnehin nur auf Responder, d.h. auf Patienten, die innerhalb der ersten 12 Wochen der Behandlung eine Verbesserung von mindestens 50% erreicht haben, beziehen soll.

Im Hinblick auf die Angabe "dauerhaft" ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die angesprochenen Hautärzte den Begriff in der Weise verstehen, dass zwar nicht von einer gänzlich unbeschränkten, quasi lebenslangen, wohl aber von einer -gegenüber den bisherigen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten- deutlich längeren Anwendungsdauer auszugehen ist.

Für dieses Verständnis spricht der allgemeine Wortsinn des gewählten Begriffs, welcher zunächst auf eine zeitlich unbegrenzte Anwendungsdauer hinweist. Der Umstand, dass die einzelnen Medikamente bei der bisherigen Behandlung der Psoriasis wegen der mit der Einnahme verbundenen Nebenwirkungen jeweils nur zeitlich begrenzt angewendet werden konnten, führt dazu, dass die angesprochenen Fachkreise davon ausgehen, dass das beworbene Medikament, R. (r), zwar nicht gänzlich unbeschränkt, jedoch deutlich länger als die bisher verwendeten Arzneimittel angewendet werden kann.

Da die bisherigen Arzneimittel gemäß ihren Zulassungen eine Behandlungszeit von einigen Monaten bis zu rund einem Jahr hatten (s.o.), werden die angesprochenen Verkehrskreise mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass das Arzneimittel R. (r), welches mit der dauerhaften Kontrollierbarkeit der Plaque-Psoriasis beworben wird, demgegenüber erheblich länger, d.h. deutlich länger als ein Jahr angewendet werden kann.

Mithin wird der Begriff der "dauerhaften Kontrollierbarkeit" von den angesprochenen Fachkreisen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in dem Sinne verstanden, dass bei dem Arzneimittel R. (r) zwar nicht von einer unbegrenzten, aber von einer -gegenüber den bisherigen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten- erheblich längeren Anwendungsdauer von deutlich mehr als einem Jahr auszugehen ist, und dass diese Behandlung -bei Respondern- zu einer Beherrschung der Psoriasis-Symptome, d.h. zu einer Verbesserung der Krankeitssymptome um mindestens 50% führt. bb.

Dieser bei den Fachkreise erweckte Eindruck ist jedoch wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert.

In der Unterlage "Scientific Discussion" weist bereits die Europäische Arzneimittelbehörde (EMEA) ausdrücklich auf das Fehlen von Langzeit-Sicherheitsdaten für das Arzneimittel R. (r) hin. Gleichzeitig wird festgehalten, dass die Firma (S. ) für die künftige Bewertung potentieller Risiken, insbesondere Autoimmunreaktionen, Auftreten bösartiger Tumoren, Infektionen, Nebenwirkungen aufgrund von Anti-Efalizumab-Antikörper und Wechselwirkungen nach der Markteinführung ein Programm zur Überwachung durchführen werde (Anlage EV 12, Seite 37). Diese Ausführungen zeigen, dass die Datenlage zu einer über 12 Wochen hinausgehenden Behandlung mit dem Arzneimittel R. (r) -nach Ansicht der EMEA- noch unzureichend ist.

Die Ergebnisse der Studie von Gottlieb et al. (Anlage EV 10 zu Anlage EV 3, Anlage AG 10/Poster, Anlage AG 11 und Anlage AG 15), auf welche sich die Antragsgegnerin im Wesentlichen stützt, sind wissenschaftlich nicht hinreichend valide.

Es handelt sich um eine offene multizentrische Phase-III-Studie. Ein Vergleich des Wirkstoffs des Arzneimittels R. (r), Efalizumab, ist weder gegen Placebo, noch gegenüber einem anderen Wirkstoff erfolgt. Es gab somit auch keine Kontrollgruppe. Eine Randomisierung oder Verblindung hat nicht stattgefunden. Nach den Anforderungen der EMEA (Anlagen EV 11 und EV 12 zu Anlage EV 3) kommt den Ergebnissen dieser Studie somit schon deshalb keine hinreichende wissenschaftliche Aussagekraft zu. Auch die Autoren selbst weisen unter dem Stichwort "Limitations" auf die begrenzte Aussagekraft ihrer Studie hin. Sie kommen in den "Conclusions" auch lediglich zu dem Schluss, dass ihre Ergebnisse "darauf hindeuteten" ("suggest"), dass die Wirksamkeit von Efalizumab während einer Langzeitbehandlung anhalte, und sich bei einigen Patienten sogar anhaltend verbessere (Anlage AG 15, S. 1).

Der Wirkstoff Efalizumab ist im Verlauf der Studie zum Teil nicht in der in Deutschland zugelassenen Dosierung von 1 mg/kg/Woche verabreicht worden. In den ersten 12 Wochen wurden nach einer Initialgabe von 0,7 mg/kg/Woche regelmäßig 2 mg/kg/Woche gegeben. Ab dem vierten Behandlungsmonat wurde zum Teil sogar eine deutlich höhere Dosierung von bis zu 4 mg/kg/Woche verabreicht. Das führt dazu, dass die erzielten Ergebnisse keine hinreichende Aussagekraft für die in Deutschland zugelassene Dosierung von 1 mg/kg/Woche haben. Zudem sind ab dem vierten Behandlungsmonat Begleitbehandlungen, nämlich topische Psoriasis-Therapien oder Ultraviolett-Phototherapien zugelassen worden, welche bei der nachfolgenden Daten-Auswertung nicht berücksichtigt worden sind. Damit ist nicht mehr erkennbar, inwieweit etwaige Behandlungserfolge auf das Medikament der Antragsgegnerin oder auf die jeweilige Begleitbehandlung zurückzuführen ist.

Zudem kann auch die Art der Analyse der erhobenen Daten zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen. Zum einen sind in der vorgenommenen Analyse der sog. Aufrechterhaltungs-Gruppe (maintanence group) all diejenigen Patienten, die die Studie während des Aufrechterhaltungs-Behandlungszeitraums beendeten, mit ihrem letzten PASI-Wert bis zum Ende der Studie fortgeführt worden. Damit sind ggf. auch solche Patienten als Responder mit fortlaufend hoher PASI-75-Ansprechrate berücksichtigt worden, die die Studie wegen Unverträglichkeit oder Kontraindikation abbrechen mussten. Zum anderen ist in der Analyse der sog. Behandelten-Gruppe (as-treated-group) nur eine Auswertung der Responder im Verhältnis zu den zu Beginn eines Behandlungssegments in der Studie verbliebenen Studienteilnehmer (sog. Treated-per-Protocol-Analyse) erfolgt. Aufgrund der Nichtberücksichtigung derjenigen, die die Studie nicht weitergeführt haben -darunter viele Nicht-Responder- können sich Verzerrungen ergeben haben.

Diese methodischen Schwächen, insbesondere das abweichende Dosierungsschema und die unberücksichtigt gebliebenen Begleitbehandlungen, führen dazu, dass die darauf gestützten Angaben der Antragsgegnerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind.

Dem stehen auch die von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen zur Aussagekraft der evidenzbasierten Medizin (Anlagen AG 3 und AG 12) nicht entgegen. Mit der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen Dr. S. hat die Antragsgegnerin zwar glaubhaft gemacht, dass die Studie von Gottlieb et al zu R. (r) den Kriterien der Evidenzklasse II der evidenzbasierten Medizin entspricht (Anlage AG 3, S. 2). Mit dem als Anlage AG 12 vorgelegten "Autorenmanual -Levels of Evidence-" hat sie jedoch weiter glaubhaft gemacht, dass bei therapeutischen Fragestellungen (Wirksamkeit) Studien der Evidenzklassen II a und II b kaum noch diskutabel seien (Anlage AG 12, S. 6). Auch daraus ergibt sich, dass die Studie von Gottlieb schon mangels Kontrollgruppe und Randomisierung nicht geeignet ist, die werblichen Angaben der Antragsgegnerin wissenschaftlich zu stützen.

Auch die Arbeiten von Gordon et al. sowie Lebwohl et al. sind nicht geeignet, die streitgegenständliche Angabe wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Aus der Studie von Lebwohl et al. ergibt sich lediglich, dass nach einer 12-wöchigen Behandlungsdauer mit R. (r) in der zugelassenen Dosierung von 1 mg/kg/Woche 22,3 % der Patienten eine PASI-75-Reduktion erreicht haben. Die dann anschließende 12-wöchige Behandlung von Respondern ist mit 2 mg/kg/Woche oder 4 mg/kg/Woche erfolgt (Anlage EV 9 zu Anlage EV 3). Da diese Dosierung ein Mehrfaches der für die Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Dosierung von 1 mg/kg/Woche beträgt, sind die Ergebnisse für die in Deutschland zugelassene Dosierung nicht hinreichend aussagekräftig. Zudem ist eine 24-wöchige Behandlung ohnehin nicht als "dauerhaft" anzusehen. Nach der Studie von Gordon et al. ist bei einer Behandlung mit R. in der zugelassenen Dosierung nach einer Behandlungsdauer von 12 Wochen eine PASI-75-Reduktion bei 17 % der Patienten eingetreten (Anlage AG 10). Diese Ergebnisse sagen jedoch nichts über Behandlungserfolge bei Respondern in der Folgetherapie, d.h. ab der 13. Woche, aus.

Mithin ist die auf Responder bezogenen Bewerbung des Arzneimittels R. (r) (Wirkstoff: Efalizumab) mit der dauerhaften Kontrollierbarkeit der Psoriasis nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert, und damit irreführend.

Die Unterlassungsanträge zu 1 a. bis c. sind daher gemäß §§ 3 S. 1 HWG, 4 Nr. 11, 5, 3 UWG begründet.

2.

Die auf Responder bezogene Bewerbung des Arzneimittels R. (r) (Wirkstoff: Efalizumab) mit der Angabe einer "Dauertherapie" (Unterlassungsanträge zu 2 a. bis c.) verstößt ebenfalls gegen §§ 3 S. 1 HWG, 4 Nr. 11, 5, 3 UWG.

Zwar hat die Antragsgegnerin auch diese streitgegenständlichen Äußerungen bisher nicht im Hinblick auf Responder verwendet. Sie hat sich dies jedoch mit Schreiben vom 28. April 2005 (Anlage EV 5) ausdrücklich vorbehalten, so dass insoweit Erstbegehungsgefahr besteht.

a.

Gegenstand der Unterlassungsanträge zu 2. a. bis 2. c. ist die Bewerbung des Arzneimittels R. mit der Angabe, dass dieses für eine Dauertherapie der Psoriasis bei Respondern, d. h. Patienten die auf eine Behandlung mit R. mindestens mit einer 50%-igen Verbesserung des Erkrankungszustandes angesprochen haben, verwendet werden könne.

In der Berufungsinstanz hat die Antragstellerin ihre diesbezüglichen Unterlassungsanträge ausdrücklich auf die in der vorliegenden Werbemaßnahme (Verbindungsanlage C) konkret verwendeten Angaben "Jetzt ist es da! R. (r) - das erste Biologic zur Dauertherapie der Plaque-Psoriasis", "R. (r) ist die (...) Dauertherapie bei Plaque-Psoriasis" und "R. (r) ist zur Dauertherapie empfohlen", jeweils wie in Anlage C geschehen, beschränkt.

Streitgegenstand ist auch hinsichtlich dieses Unterlassungsantrages lediglich, ob im Hinblick auf die verschiedenen werblichen Angaben eine Irreführung der angesprochenen Fachkreise erfolgt, nicht jedoch, ob eine Werbung außerhalb der zugelassenen Indikation vorliegt.

b.

Maßgeblich ist auch insoweit, wie die angesprochenen Fachkreise die streitgegenständlichen Angaben zu einer Dauertherapie verstehen.

aa.

Für das Verständnis der beanstandeten Anzeigen ist ebenfalls auf den Erkenntnishorizont eines durchschnittlich informierten und durchschnittlich verständigen niedergelassenen Dermatologen abzustellen, der die Werbeangaben mit dem Maß an Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt, mit dem er solcher Werbung üblicherweise begegnet.

Auch im Hinblick auf die Bewerbung einer "Dauertherapie" kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Dermatologen davon ausgingen, dass mit dem Arzneimittel R. (r) eine Heilung der Psoriasis herbeigeführt werden könne. Vielmehr ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die angesprochenen Hautärzte den Begriff der "Dauertherapie" in der Weise verstehen, dass zwar nicht von einer gänzlich unbeschränkten, quasi lebenslangen, wohl aber von einer -gegenüber den bisherigen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten- erheblich längeren Behandlungsdauer von deutlich mehr als einem Jahr auszugehen ist. Für dieses Verständnis sprechen das allgemeine Sprachverständnis und der Umstand, dass die einzelnen Arzneimittel bei der bisherigen Behandlung der Psoriasis wegen der mit der Einnahme verbundenen Nebenwirkungen jeweils nur zeitlich begrenzt angewendet werden konnten. Insoweit wird zu Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zu II. 1. b. aa. verwiesen.

Ein anderes Verständnis ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin im Hinblick auf ihr Antidepressivum T. (r) Retard 75 mg einen Behandlungszeitraum von sechs Monaten oder länger bereits als "Dauertherapie" bezeichnet (Anlage AG 6). Die angesprochenen Fachkreise sind nicht identisch. Zudem orientiert sich das Verständnis der angesprochenen Fachkreise maßgeblich an der Behandlung des jeweiligen Krankheitsbildes. Es ist nicht ersichtlich, dass der Begriff der "Dauertherapie" in Bezug auf eine in der Regel vorübergehende Erkrankung, wie Depressionen, in gleicher Weise verstanden wird, wie hinsichtlich einer lebenslangen Erkrankung, wie die Plaque-Psoriasis.

Mithin wird der Begriff der "Dauertherapie" von den angesprochenen Fachkreisen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in dem Sinne verstanden, dass das Arzneimittel R. (r) zwar nicht unbegrenzt, aber - gegenüber den bisherigen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten - erheblich länger, nämlich deutlich länger als ein Jahr angewendet werden könne.

bb.

Dieser bei den Fachkreise erweckte Eindruck ist jedoch wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert.

Dies ergibt sich aus den einschränkenden Ausführungen der EMEA in der Unterlage "Scientific Discussion" Anlage EV 12, S. 37), welche bei der Auslegung der erteilten Zulassung zu berücksichtigen sind. Auch die vorliegenden wissenschaftlichen Studien sind nicht geeignet, die werblichen Angaben der Antragsgegnerin zur Dauertherapie zu belegen. Insoweit wird zu Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zu II. 1. b. bb. verwiesen.

Die jetzt noch geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind mithin begründet. Auf die Berufung des Antragstellerin war daher die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 24. Juni 2005 -beschränkt auf die konkreten Verletzungsformen- erneut zu erlassen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO analog. Die teilweise Kostentragung der Antragstellerin ergibt sich aus der in der Berufungsinstanz erfolgten Beschränkung der Unterlassungsanträge auf die jeweilige konkrete Verletzungsform.

Ende der Entscheidung

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